Lektion 9 Übung 17, Seite 119

Guten Tag, meine Damen und Herren. Unser Gast im Studio ist heute Frau Erika Heidenreich.

Guten Tag.

Frau Heidenreich dürfen wir Ihr Alter verraten [to reveal]?

Aber ja.

Also Sie sind neunundsechzig Jahre alt und waren früher Leherin für Deutsch und Geschichte.

Ja, das ist richtig.

Wir haben Sie heute zu uns eingeladen, weil Sie eine ganz ungewöhnliche Initiative ergriffen haben. Am besten erzählen Sie unsere Hörer selbst.

Ja also, ich habe vor zwei Jahren einen Verein für Leihgroßmütter gegründet, das heißt, wir sind so eine Art Babysitterservice, nur mit dem Unterschied, daß unsere Babysitter alle älter als sechzig Jahre sind.

Babysitter werden immer gebraucht. Aber warum vermitteln Sie nur Personnen im Rentenalter? Was ist die Idee dabei?

Tja, wissen Sie, in vielen jungen Familien fehlt die Großmutter und eine Kindheit ohne Großmutter ist doch eigentlich sehr traurig. Großmütter sind geduldig, haben Zeit und Ruhe und können viel Interessantes aus Ihrem Leben erzählen.

Da haben Sie vollkommen [absolute] Recht. Wie sind Sie denn nun auf die Idee gekommen so etwas organisieren und einen Verein zu gründen?

Wissen Sie, bei mir in der Nachbarschaft wohnte eine junge Familie mit einem dreijährigen Mädchen. Da habe ich manchmal auf das Kind aufgepaßt, wenn die Eltern abends ausgingen. Mit der Zeit habe ich mich immer öfter um das Kind gekümmert, auch tagsüber. Ich habe die Kleine auf meinen Spaziergang oder auch zu mir nach Hause mitgenommen, und ich habe viel mir ihr gespielt und ihr etwas vorgelesen. Das hat uns beiden viel Spaß gemacht. Als die Familie dann weggezogen ist [ wegziehen = to move away; to pull away], nach Hamburg, da hat mir richtig etwas gefehlt. Die Kleine hat auch geweint und gesagt, sie wolle [wolle–indirect discourse] wieder zu Oma Heindenrich. Das haben die Eltern mir geschrieben und da kam mir mir Idee. Es gibt doch sicher viele Familien, die keine Großmutter haben und die doch eine gebrauchen könnten, und es gibt viele alte Menschen, die keine Angehörigen mehr haben, und die sich freuen würden, wenn Sie jemanden hätten, für den Sie da sein könnten. Da habe ich ein paar Freundinnen zu mir eingeladen, die auch in meinem Alter und allein sind, und habe Ihnen von meiner Idee erzählt, einen Verein für Leihgroßmütter aufzumachen.

Und wie war die Reaktion?

Begeistert! Die haben sofort gesagt, wir machen mit. Inzwischen sind wir schon zweiundzwanzig in meiner Verein und das jüngste Mitglied ist zweiundsechzig und die älteste Dame siebenundsiebzig.

Ja, erzählen Sie uns doch noch etwas über die Arbeit Ihres Vereins.

Also, ich bin ja nun die Vorsitzene und mehr oder weniger organisiere ich alles. Wir geben zunächst einmal Anzeigen der Zietung auf [Anzeigen aufgeben = to place an ad] und bieten unseren Service an, und wenn sich dann eine Familie meldet [sich melden = to get in touch], dann geht eine unserer Dame dorthin und erst mal wird besprochen, was alles gewünscht wird, ob es nur Babysitten an ein paar Tagen in Monat geht, oder ob man nur eine Oma sucht, die öfter da ist. Natürlich ist das Wichtigte der Kontakt mit den Kindern. Der muß natürlich gut sein, sonst hat es keinen Zweck. Na ja, dann gibt es einen oder zwei Versuche, und da sieht man dann schon, ob der Kontakt mit der Familie länger halten kann. Übrigens das kann ich gleich sagen, es klappt [klappen = to go smoothly, to work out, to work ] fast immer hervorragend [excellent].

Wie viel bezahlt eine Familie denn für Ihre Tätigkeit?

Das kommt darauf an [darauf ankommen = to depend]. Zunächst bekommt unser Verein eine einmalige [one in a lifetime, unique, nonrecurring] Vermittlungsgebühr [agency fee, commission], und das Honorar [fee] wird von der Familie und der Leihgrossmutter zusammen festgelegt [to set]. Im Durchschnitt [on average] sind das etwa zehn Euro pro Stunde.

Das ist ja nicht viel.

Nein, aber mir und meinen Vereinskollegen geht es hier auch nicht in erster Linie [in erster Linie = primarily, principally, first and foremost] darum Geld zu verdienen. Wir haben hier alle unsere Rente oder Pension, das soll ein zusätzliches Taschengeld [pocket money, spending money] sein. Wir machen es gesagt, weil es uns Spaß macht und weil man mal wieder in Kontakt mit jungen Menschen und Kindern kommt, oder es kann sogar sein, daß der Kontakt sehr eng und herzlich wird. Sehen Sie, im letzen Jahr hatten wir den Fall, daß eine unserer Damen sich so gut mit der Familie verstanden hat, daß zu ihnen gezogen ist, und jetzt wie eine richtige Großmutter bei Ihnen lebt.

Das ist ja wirklich eine nette Geschichte. Aber gibt es denn auch mal Probleme?

Sicher. Die gibt es schon auch mal. Da war neulich zum Beispiel eine Familie mit vier kleinen Kindern. Das war dann einfach zu viel für die alte Dame, oder eine andere Familie, die wollte neben [apart from] der Kinder Betreuung [supervision, care], daß unser Mitglied auch noch die Hausarbeit macht. Das ging natürlich auch nicht. Natürlich gibt es oft manchal verschiedene Meinungen über die Erziehung [rearing]. Darüber muß man dann sprechen. Na ja, und über solche Probleme reden wir auch regelmäßig [routinely, regularly] in der Gruppe.

Tja, da kann man nur sagen eine tolle Idee, dieser Verein für Leihgroßmütter, und ich kann mir denken, das es auch bald in anderen Staaten solche Initiativen gibt. Vielen Dank, Frau Heidenreich, daß sie zu uns gekommen sind. Ich wünsche Ihnen und Ihrem Verein weiterhin [furthermore] viel Glück und viel Spaß.

Danke.