Handwerk hat goldenen Boden...

Herr Bong, Sie sind Tischlermeister?

Ja.

Und Sie haben Ihren Betrieb schon lange?

Nein, wir haben erst vor fünf Jahren angefangen. Vorher habe ich bei einer grösseren Firma gearbeitet. Schreinerei [Möbel] und Fertighäuser haben die hergestellt, und dann hat der Betrieb Pleite gemacht, ist also in Konkurs gegangen, und dann habe ich die Meisterprüfung gemacht und habe mich danach selsbständig gemacht.

Wären Sie auch von selbst auf die Idee gekommen, sich selbständig zu machen?

Ja, das war also schon ein halbes Jahr oder fast ein Jahr bevor die Firma Pleite ging. Da hatte ich mich schon auf der Meisterschule angemeldet. Ich hätte das so oder so [so oder so = sowieso] gemacht.

Wie viele Beschäftigte haben Sie jetzt im Augenblick?

Im Augenblick bin ich allein. Der Geselle, den ich vorher hatte, hatte eine Stauballergie, der musste leider aufhören. Im Moment sieht es so aus, denn wir im August zwei Mann kriegen. Dann sind wir also zu dritt.

Sie wohnen in...?

Dahnen.

Ich kann mir jetzt gar nicht vorstellen, wo das genau ist.

Der nächste grössere Ort ist Bitburg. Also zwischen Bitburgkrüm. Also genau an der luxemburger Grenze.

Wie sieht es da mit der Konkurrenz aus? Gibt es da Großbetriebe, die Ihnen zu schaffen machen?

Na ja, eigentlich nicht. Es gibt ein paar Schreinereien, aber alles kleinere Betriebe.

Und Sie haben sich jetzt in letzter Zeit mehr auf Möbeltischlerei verlegt?

Ja, auch. Sehr auf Möbel. Die Nachfrage ist gross und verstärkt sich laufend [ständig, immer].

Es gab ja mal eine Zeit, wo kleinere Betriebe zugemacht haben, weil sie der Konkurrenz der grossen Möbelfirma nicht mehr standhalten konnten. Also das kehrt sich irgendwie um [The opposite is the case].

Es sieht mittlerweile sogar so aus, daß die Grossen auf kleinere Hersteller ausweichen müssen [must hire = auf jemanden ausweichen]. Wenn es nicht um Serien geht [mass produced], wird das für die zu aufwendig, und dann suchen die kleinere Beteibe, die das anfertigen können. Da kriegen wir schon mal Aufträge von denen.

Wie kann man sich das denn erklären, daß da jetzt...

Ja, die Leute, die wollen eben Qualität für ihr Geld haben. Das spricht sich halt rum [word just gets around], daß wir gute Möbel anbieten können. Teilweise sind handwerklich gefertigte Möbel sogar billiger als die aus dem Möbelgeschäft, billiger halt als industrielle gefertigte Möbel. [industrially finished furniture]

Jetzt muss ich einfach mal fragen, waren Sie in Ihrer Familie der erste, der diesen Berufe ergriffen hat, oder gibt es da eine Tradition?

Ja, Tradition, direkt nicht. Ich hatte wohl mal einen Onkel, der ist vor zwanzig Jahren vom Baum gefallen, und hat sich das Genick gebrochen, und der war Schreiner, ja.

Was mich auch interessiert ist, wie so ein Betrieb heute arbeitet, und wie das vor dreissig bis vierzig Jahren der Fall war?

Da gibt es schon einen grossen Unterschied. Allein wenn man die Enwicklung bei den Machinen [die Enwicklung der Machinen] ins Auge fasst [ Even when you just look at the advancement of the machines].

Was heisst das zum Beispiel konkret?

Na ja, das sind ja heute alles Präzisionsmaschinen. Damit wird auf einen Zehntelmillimeter genau gearbeitet, was früher überhaupt nicht denkbar war. Und jetzt ganz stark im Kommen [stark im Kommen = latest trends/new brands] sind die C-und-C Maschine.

Ah ha, also computergesteuert. Genau wie in der Metallverarbeitendenindustrie.

Das hält auch Einzug im Schreinereibereich [These machines have also become established in joiner workshops]. Das geht mit Riesenschritten vorwärts.

Und so also sagen wir mal von den Arbeitsbedingungen her.

Die Arbeitsbedingungen sind natürlich viel besser geworden für die Mitarbeiter.

Da gibt es doch sicher auch gesetzliche Auflagen.

Das sind bei uns die TEGS, ja. Die Technishen Richtlinien für Gefahrstoffe. Die schreiben z.B. vor, daß bei einer neuen Maschinen in der Umluft nicht mehr als zwei Milligramm Staub sein darf.

Aha. Ich nehme an, Sie machen Ihre Buchhaltung selber?

Die Buchhaltung mache ich selber über EDV [computer applications]. Ja das war vor zehn Jahren noch kaum ...

Und Angebote schreiben und solche Sachen auch über Computer?

Auftragsabwicklung auch.

Ein anderes Problem, das mit der Selbständigkeit zusammenhängt, ist natürlich die Sache mit der Altersvorsorge.

Tja, Altersvorsorge. Wir bezahlen im Moment in die gesetzliche Versicherung einen Mindestbeitrag, um die Berufsunfähigkeitsrente [disability insurance, which is a government-run form of insurance] aufrechtzuerhalten [to be eligible for disability insurance], und die Altersrente, die wird über eine private Versicherung abgedeckt. Das ist sehr wichtig, also da muss man schon darauf achten.

Würden Sie einem jungen Mann oder einer jungen Frau, die nicht so recht weiss, was sie werden soll, empfehlen, den Beruf des Schreiners zu ergreifen?

Auf jeden Fall.

Was würden Sie sagen, was spricht besonders dafür?

Doch. Überall bekomme ich zu hören, ob ich nun bei Kunden, bei Bekannten, bei Freunden bin, Schreiner ist ein schöner Beruf. Ist ja auch ein schöner Beruf. Holz ist ja ein lebender [living] Werkstoff, und ich glaube, daß jemand, wenn er ein schönes Stück herstellt, selber Freude daran hat, weil er auch selber gestalten, konstruieren und entwerfen kann.

Das heisst also, Sie entwerfen auch Möbel?

Ja, natürlich. Von jedem Möbelstück werden Zeichnungen gemacht in verschiedene Ausführungen und Musterstücke, die wir dem Kunden dann zeigen.

Und Sie gehen dann auch auf Messen und so.

Ja, jetzt waren wir letztes Jahr zum erst Mal in Luxemburg auf der Herbstmesse. Dieses Jahr werden wir wieder da sein. Wir stellen aus, was wir...